Je früher psychische Auffälligkeiten erkannt und behandelt werden, desto besser kann ihre Bewältigung gelingen: „Für Kinder auf der Flucht, die zum Teil Schreckliches erlebt haben oder immer noch in einer belastenden Situation leben, gilt oft, dass die kindlichen Basisbedürfnisse „Sicherheit“, „Kontrollierbarkeit“ und „Vorhersehbarkeit“ nicht erfüllt sind oder waren. Dies kann bei Kindern und Jugendlichen massiven Stress auslösen und der traumaspezifischen Entwicklungsheterotopie zufolge eine Vielzahl psychischer Auffälligkeiten nach sich ziehen.“, so Eva Möhler, Vorstandsmitglied der DGKJP.

Am 23. April findet zum vierten Mal der World Infant, Child and Adolescent Mental Health Day (WICAMHD – Welttag für mentale Gesundheit von Säuglingen, Kindern und Jugendlichen) der International Association for Child and Adolescent Psychiatry and Allied Professions statt. Das diesjährige Thema „Welten verbinden: Mentale Gesundheit von geflüchteten Kindern und Familien“ unterstreicht die Notwendigkeit die psychischen Belastungen einer Flucht für Kinder und deren Familien aufgrund von Krisen und Kriegen besser zu verstehen und die Inklusion von geflüchteten Kindern in Aufnahmeländer zu stärken. Dazu Eva Möhler: „Je früher diese Auffälligkeiten erkannt und störungsspezifisch behandelt werden können, desto besser gelingen erfolgreiche Bewältigung und Integration.“

Die Ziele von WICAMHD sind (vgl. Website):

  • das weltweite Bewusstsein für die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zu stärken sowie die Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen;
  • die Diagnose und Behandlung aber auch die Prävention von psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen durch internationale Kooperation zu verbessern;
  • die Ausbildung von Fachkräften in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Ländern mit fehlenden Ressourcen voranzutreiben.

Die Stiftung „Achtung!Kinderseele“ bietet hier kurze Erklärfilme in fünf Sprachen für Familien an, die neu in Deutschland sind, denn Kinder und Jugendliche, deren Eltern nach Deutschland geflüchtet oder eingewandert sind, haben ein höheres Risiko seelisch zu erkranken – und gleichzeitig einen erschwerten Zugang zu einer frühzeitigen Diagnose und Behandlung.

Anschläge wie die von Aschaffenburg und Magdeburg entzünden Diskussionen darüber, wie die öffentliche Sicherheit besser geschützt werden kann. Wenn Täter:innen psychisch krank sind, wird auch über das Bedrohungspotential von Menschen mit psychischen Erkrankungen diskutiert. Das reicht bis zur Forderung nach einem Zentralregister für Menschen mit psychischen Krankheiten.

Jeder einzelne Anschlag ist furchtbar. Überlebende und Zeugen leiden ebenso wie die Angehörigen der Opfer oft ein Leben lang. Absolute Sicherheit vor Anschlägen wird es jedoch auch in Zukunft nicht geben. Es ist irrig anzunehmen, dass z.B. psychiatrische Expert:innen eindeutig ein Gefährdungspotential erkennen – oder ausschließen – können, da sich psychische Zustände eben auch ändern können.

Menschen mit psychischen Krankheiten sind in ihrer Gesamtheit nicht gewalttätiger als Menschen ohne psychische Erkrankungen. Wichtig ist eine Behandlung, auch um schwereren Verläufen vorzubeugen. Damit sich Betroffene die nötige Hilfe holen, dürfen sie nicht durch Stigmatisierung, Vorurteile und Diskriminierungen davon abgehalten werden. Fachexpert:innen lehnen ein Register für psychisch Erkrankte daher ab.

Bei Kindern und Jugendlichen ist die mentale Gesundheit das zentrale Gesundheitsthema in Deutschland. Seit Corona hat sich die Lage noch einmal verschlechtert. Jeder fünfte junge Mensch zeigt im Laufe eines Jahres psychische Belastungen. Psychische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter können gravierende Auswirkungen auf das spätere Leben haben. Auf Probleme in der Schule und beim Schulabschluss folgen Schwierigkeiten in Ausbildung und Beruf und schließlich nicht selten die Abhängigkeit von Sozialleistungen. Diskussionen über Register etc. führen dazu, dass das Stigma psychischer Störungen zunimmt. Immer noch wird berichtet, dass die Inanspruchnahme von entsprechenden Hilfen mit Sorgen verbunden ist, im späteren Leben, etwa bei der Berufswahl oder dem Abschluss von Versicherungen, benachteiligt zu werden.

Insofern sehen wir die derzeitigen Diskussionen mit Sorge. Menschen mit psychischen Erkrankungen werden unter Generalverdacht gestellt. Auch hilft nicht, die Psychiatrie als Auffangbecken für kriminelle Menschen mit Verhaltensproblemen zweckzuentfremden. Helfen würde, psychische Erkrankungen im Alltag aus der Tabuzone zu holen und Angebote zur Vorbeugung, Früherkennung und Behandlung bedarfsgerecht auszubauen.

Berlin/ Mainz/ Schleswig, 28.03.2025

 

Die mentale Gesundheit ist das zentrale Kinder- und Jugendgesundheitsthema in Deutschland. Ein Fünftel aller jungen Menschen zeigt Belastungen.

Hier besteht Reformstau. Im Bereich Gesundheit, Familie und Jugend wurden für dieses Thema entscheidende Schritte in der auslaufenden Legislatur nicht gegangen. Jetzt gehört die kinder- und jugendpsychiatrische und -psychotherapeutische Versorgung ins Zentrum. Versorgung und Prävention müssen dringend weiterentwickelt werden. Das betrifft auch den Bereich der Kinder- und Jugendhilfe, wie den ÖGD, aber auch den Bereich Bildung. Es geht hier in Anbetracht von Fachkräftemangel wie finanziellen Ressourcen nicht um ein einfaches „Mehr“ in der Versorgung, sondern um verbesserte Kooperation zwischen den Systemen und Sektoren, damit ein „Besser“ in der Zukunft entsteht.

Konkret fordern die zwei kinder- und jugendpsychiatrischen Verbände BAG KJPP und BKJPP und die wissenschaftliche Fachgesellschaft DGKJP:

1.      Reformen in der Versorgung

    • Ambulante psychiatrische Versorgung als Teil der Grundversorgung stärken
    • Bettenmessziffer weiterentwickeln – Globalbudgets mithilfe von Bundesrichtlinien ermöglichen
    • Defizite in der Grundversorgung beseitigen – systematische Etablierung von E-Health Angeboten – Kinder nicht schlechter stellen als Erwachsene
    • Kinderrechte und Kinderschutz bei Digitalisierungsprozessen im Gesundheitswesen mitdenken – Datenschutz und Schweigepflicht angemessen regeln
    • Rahmenbedingungen für flexibleren Personaleinsatz anpassen
    • Behandlung weiterdenken – Netzwerkarbeit und Kooperation mit anderen Leistungserbringern muss vergütet werden
  1. Arzneimittelversorgung verbessern – in Anwendung und Verfügbarkeit
    • Lösungen zum Problem des Off- Label-Use arzneimittelrechtlich schaffen
  1. Prävention, die Gefährdete erreicht
    • Prävention in die Lebenswelten (Kitas/Schulen) der Kinder bringen
    • Öffentlichen Gesundheitsdienst stärken – alle Leistungserbringer einbeziehen
    • Suchtgefährdete Kinder und Jugendliche systematisch unterstützen
    • Monitoring zur Kindergesundheit wieder aufnehmen
  1. Inklusive Kinder- und Jugendhilfe als Eingliederungshilfeträger für alle jungen Menschen
  2. Psychische Störungen als Schwerpunktthema in Forschung und Ausbildung
    • Deutsches Zentrum für Psychische Gesundheit (DZPG) und Deutsches Zentrum für Kinder- und Jugendgesundheit (DZKJ) dauerhaft institutionalisieren
    • KJPP in den BMBF-Förderlinien ausreichend berücksichtigen
    • Die KJPP als Pflichtfach in die Approbationsordnung aufnehmen
  1. Kinderrechte ins Grundgesetz mit aufnehmen
    • Alle Gesetzes- und Forschungsvorhaben systematisch auf ihre Auswirkungen auf Kinder überprüfen

Kritischer Lieferengpass atomoxetinhaltiger Arzneimittel (Hartkapseln)

 

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat die Fachkreise über einen Versorgungsengpass bei Atomoxetin-haltigen Arzneimitteln informiert. Hintergrund sind Produktionsprobleme bei einem zentralen Hersteller, die auch einen Rückruf bisher verfügbarer Präparate beinhalten. Da alternative Beschaffungsmöglichkeiten fehlen, steht der Wirkstoff Atomoxetin für die Behandlung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit ADHS auf zunächst unbestimmte Zeit nicht zur Verfügung. Aktuell deutet sich die Möglichkeit der Behebung des Engpasses innerhalb weniger Monate an.

Wir empfehlen daher, dass in Behandlung befindliche Patientinnen und Patienten bzw. deren Familien mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten Kontakt aufnehmen, um alternative medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten bei entsprechender Indikation zu erörtern. An Substanzen mit Zulassung für die Behandlung der ADHS existieren Methylphenidat- und Amphetamin-Präparate, im Kindes- und Jugendalter zudem Guanfacin.

Für detaillierte Behandlungsempfehlungen verweisen wir auf die AWMF-S3-Leitlinie ADHS bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen.

Berlin, 02.08.2024

Referentenentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsqualität im Krankenhaus und zur Reform der Vergütungsstrukturen (Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz – KHVVG)

 

Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie e.V. (DGKJP) betont, dass bis auf die wenigen, kinder- und jugendpsychiatrisch geleiteten Kinderpsychosomatikabteilungen an Kinderkliniken eine direkte fachliche Berührung mit dem Gesetzesvorhaben nicht besteht. Gleichwohl möchten wir das Vorhaben aus unserer fachlichen Sicht kommentieren.

 

  1. Als wissenschaftliche Fachgesellschaft begrüßen wir die in § 38 erwähnten Zuschläge zur Finanzierung der speziellen Vorhaltung von Hochschulkliniken. Wir machen darauf aufmerksam, dass Hochschulkliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie bisher nicht an allen Medizinischen Fakultäten existieren und dass diesem Umstand dringend abgeholfen werden sollte. Derzeit existieren bereits etablierte Hochschulabteilungen für Kinder- und Jugendpsychiatrie, deren Auf- und Ausbau einer dazugehörigen Klinik aus Gründen nicht vorhandener Landesmittel nicht stattfinden kann.
  2. Wir begrüßen, dass die Krankenhäuser zur Teilnahme an der ambulanten Versorgung ermächtigt werden sollen (§ 116 a SGB V). Sehr oft findet sich für unsere psychiatrisch oder psychosomatisch erkrankten Patient:innen kein Platz bei einem niedergelassenen Arzt für Kinder- und Jugendmedizin mehr. Eine gemeinsame ambulante Behandlung ist oft auch bei erforderlichen somatischen Kontrolluntersuchungen bei laufender psychiatrischer Medikation erforderlich.
  3. Wir begrüßen die Möglichkeit einer sektorübergreifenden Versorgung nach § 115 g SGB V. Zur vollen Umsetzbarkeit einer sektorübergreifenden Versorgung von Kindern empfehlen wir, die Möglichkeit der Einbeziehung von Vertragsärzten nach § 121 (7) SGB V ohne erhebliche bürokratische Aufwände bei der Abrechnung zu schaffen.
  4. Wir begrüßen die im Gesetzentwurf enthaltene Initiative zum Erhalt und zur Unterstützung der Kinderkliniken (Art.3, § 39 KHFinG; Art. 4 Nummer 3d, Absatz 3 k). Es ist aus Sicht unseres Fachgebietes dringend sicherzustellen, dass z.B. Zustände nach Suizidversuch, akute Intoxikationen bei Jugendlichen oder lebensbedrohliche Zustände bei Magersüchtigen fachgerecht (intensiv-)medizinisch behandelt werden können und dass Kinderkliniken in erreichbarer Nähe erhalten bleiben. Im Übrigen ist durch eine zeitnahe und qualitätsgesicherte medizinische Versorgung von schwer kranken Neugeborenen und Kleinstkindern eine Beeinträchtigung der Hirnreifung vermeidbar und damit psychiatrische Folgen wie Teilleistungsstörungen oder eine erhöhte Vulnerabilität für psychische Erkrankungen jeder Art. Allerdings verwundert die in Absatz 3 k aus dem SGB I übernommene Altersgrenze von 16 Jahren für Patienten:innen, die für die pädiatrische Versorgung als „Maßgebliche Fälle“ gelten sollen. Als „Kinder“ gelten vor der UN-Kinderrechtekonvention alle Menschen unter 18 Jahren die vor allem wenn chronische komplexe Erkrankungen oder Behinderungen vorliegen auch weiter von „Kinderspezialisten“ behandelt werden sollten.
  5. Wir begrüßen, dass auch in der Bundespflegesatzverordnung die Gegenfinanzierung von Tariferhöhungen angehoben werden soll (Art. 5). Jedoch entnehmen wir dem Artikel 5 keine sichere und volle Refinanzierung von Tarifsteigerungen, da eine Angleichung an die Regelungen der PpUGV unterblieben ist. Der Gesetzgeber würde gut daran tun, hier eine volle Gleichbehandlung der psychiatrischen mit den somatischen Fächern zu beschließen.

 

 

Gemeinsame Stellungnahme

Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie e.V. (DGKJP), Bundesarbeitsgemeinschaft der Leitenden Klinikärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie,
Psychosomatik und Psychotherapie e.V. (BAG kjpp) zum

Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in der
Kommune
(Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz – GVSG)

Die DGKJP als wissenschaftliche Fachgesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie,
Psychosomatik und Psychotherapie sowie die BAG kjpp äußern sich hier nur zu den für die
kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung relevanten Regelungsinhalten.

Zu Artikel 1

Zu Nummer 2
Wir begrüßen ausdrücklich das Respektieren ärztlicher Verordnungen von Hilfsmitteln in
SPZs oder MZEBs für Menschen mit Intelligenzminderungen und schweren
Mehrfachbehinderungen ohne weitere Prüfung. Die Zeitdauern für die Genehmigung gerade
bei sehr jungen Kindern sind aktuell unvertretbar lang, so dass wertvolle Zeit für deren
Förderung verloren geht.
Wir bitten jedoch ausdrücklich darum, im Gesetzestext den Begriff „Geistige Behinderung“
durch den weniger diskriminierenden und in der Fachwelt gebräuchlichen Begriff
„Intelligenzminderung“ zu ersetzen.

Zu Nummer 9b
Unter cc) wird eine Abschwächung („verhandeln über“ anstelle „vereinbaren“) eingefügt.
Diese ist für unser Fachgebiet sehr bedeutsam, da es sich bei den Kinderärzt:innen um unsere
„Primärärzt:innen“ handelt, die bestehende psychiatrische Erkrankungen zuerst feststellen
können, welche in der Notfallversorgung ebenfalls erkannt werden müssen. Eine
Schwächung der Förderung der kinderärztlichen Versorgung ist für unser Fachgebiet
schwerlich hinnehmbar. Wir gehen davon aus, dass es sich hier um eine Angleichung an die
Regelungen zu Punkt 9c) für die Hausärzt:innen handelt. Es wäre aus unserer Sicht logisch,
die hausärztliche Regelung an die der Kinderärzt:innen anzupassen und nicht umgekehrt.

Zu Nummer 12
Ein Herausheben der Stellung der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft
gegenüber dem Gemeinsamen Bundesausschuss und damit auch eine Betonung der
Unabhängigkeit dieses Gremiums ist überfällig und wird von uns sehr begrüßt.
Den gebotenen Einbezug von Stellungnahmen der Wissenschaftlichen Fachgesellschaften zu
Veränderungen der Kinderrichtlinie begrüßen wir ausdrücklich.
Ebenso begrüßen wir das Antrags- und Mitbestimmungsrecht der Pflegeberufe einschließlich
der Aufwandsentschädigung. Wir gehen davon aus, obwohl in der Begründung des
Gesetzesentwurfs nicht eigens erwähnt, dass sich dieses Antrags- und Mitbestimmungsrecht
auch auf die Beratungen des G-BA zur PPP-Richtlinie beziehen soll, da sie sich auf den
Bereich der Qualitätssicherung des G-BA allgemein bezieht. Schließlich stellen die
Pflegeberufe auch in den psychiatrischen Fachgebieten die größte Berufsgruppe dar.

Zu Nummer 15
Zunächst ist die gesonderte Bedarfsplanung für Kinder und Jugendliche zu begrüßen. Hierbei
sollte der Anteil von 25 % ärztlichen Psychotherapeut:innen bezogen auf die Verhältniszahl
je Planungsregion auch für Kinder und Jugendliche gesetzlich verankert werden. Ärztliche
Psychotherapeut:innen sind für die häufig komplex gestörten Kinder und Jugendlichen bei
vielen Störungsbildern für eine umfassende Versorgung unverzichtbar, eine deutliche
Einsparung an Parallelbehandlungen wäre durch diese Regelung zu erwarten.
Die Begründung erwähnt nicht, dass der Begriff „überwiegend psychotherapeutisch tätig“
sich auf mindestens 50 % Psychotherapie von allen Leistungen bezieht, so dass die meisten
als Vertragsärzt:innen für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie nicht (mehr)
unter diese Begrifflichkeit fallen können, da die Notfallversorgung seit der Corona-Pandemie
einen größeren Raum einnimmt als vorher und Leistungen wie die psychotherapeutische
Sprechstunde, die Akutbehandlung und die psychotherapeutische Grundversorgung nicht unter
psychotherapeutischen Leistungen der Bedarfsrichtlinie fallen. Umso mehr könnte durch die
Schaffung einer Quote für ärztliche Psychotherapeut:innen ein höherer Anreiz für
Niederlassungen geschaffen und die Mangelversorgung etwas gebessert werden.

Ergänzend
In diesem Zusammenhang vermissen wir im Referentenentwurf Ausführungen zu den
Psychiatrischen Institutsambulanzen (PIA), bezüglich derer wir einen dringenden
Reformbedarf sehen. So sind je nach Bundesland bis zu 50 % der teilstationären Angebote
im Fachgebiet der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie (KJPP) an dezentralen
Tageskliniken lokalisiert, die infolge der geringen Flächenabdeckung und Erreichbarkeit
unabhängig von der Trägerschaft zur Führung einer PIA ermächtigt sein sollten; etwa 40 %
unserer Abteilungen sind an Allgemeinkrankenhäusern und Kinderkliniken lokalisiert, leisten
aber keine andere Arbeit als die Kinder- und Jugendpsychiatrien an Psychiatrischen
Krankenhäusern. Es wäre an der Zeit, die historisch begründeten Unterscheidung zwischen
dem § 118 (1) und § 118 (2) SGB V aufzuheben, da wie in der Gesetzesbegründung
hervorgehoben eher von einer Mangel- als einer Überversorgung auszugehen ist. Des
Weiteren würden wir eine leistungsbezogene Finanzierung (z.B. Bayerisches Modell) einer
Pauschalfinanzierung vorziehen, da die Pauschalen in manchen Bundesländern die realen
Aufwände nicht einmal für einen Termin im Quartal abdecken und daraus eine weitere
Unterversorgung entsteht. Dies ist insbesondere deshalb in der KJPP wichtig, da vielfach
bekannte Versorgungsdefizite bestehen – und sich oft die Notwendigkeit ergibt,
hochfrequente Kontakte zu ermöglichen gerade auch zur Vermeidung oder Verkürzung von
stationären Aufenthalten.

Weitergehend und noch sinnvoller wäre – bei dem von unserer Seite immer wieder beklagten
Mangel an entstandenen Modellen nach § 64b SGB V für Kinder und Jugendliche – eine
Verstetigung der positiv evaluierten Modellvorhaben, welche ein Globalbudget bzw.
Regionalbudget mit interner, maximaler Flexibilität der Versorgung vorhielten. Eine
Verbreiterung dieser Versorgungsform könnte für unser Fachgebiet unschwer durch eine
Einführung des Begriffs als möglicher Finanzierungsmodalität in die
Bundespflegesatzverordnung gelingen.

Zu Nummer 22
Der stärkere Einbezug von Patientenvertretungen mit Vetorecht wird unsererseits
ausdrücklich begrüßt.

Zu Nummer 23
Eine zentralisierte Fehlverhaltensbekämpfung ist aus unserer Sicht unabdingbar und wird
begrüßt, insbesondere auch die Erwähnung der „Mitwirkung von Polizei und
Staatsanwaltschaft“.

Berlin/ Schleswig, 29.04.2024