14|12|2018

GSAV

Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit
Entwurf eines Gesetzes für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV)

Das Bundesministerium für Gesundheit hat einen Referentenentwurf für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) vorgelegt, und um Stellungnahme bis zum 14.12.2018 gebeten. Die DGKJP als wissenschaftliche Fachgesellschaft der Fachärztinnen und Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie nimmt zum Referentenentwurf wie folgt Stellung:

Zu Art. 1 und Art. 2 − Änderungen im AMG:
Die DGKJP begrüßt alle zielführenden Maßnahmen zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit in der Forschung und der Anwendung. Zu schätzen wissen wir das besondere Vertrauen, welches das AMG weiterhin der Berufsgruppe der Ärztinnen und Ärzte entgegenbringt. Besondere Regelungen zur Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit sind bei der Versorgung von Kindern und Jugendlichen wegen der erhöhten Vulnerabilität und des besonderen Schutzbedarfs dieser Gruppe erforderlich. Hier sehen wir die Interessen auch der nicht weiter erwähnten Kinder und Jugendlichen im Referentenentwurf dennoch gut abgebildet.

Die geplante Änderung von § 48 AMG durch Wegfall der Sätze 2 und 3 (Arzt-Patientenkontakt vor Verschreibung eines Arzneimittels nicht mehr zwingend erforderlich) betrachten wir mit Zurückhaltung. Wie sich der Begründung des Gesetzentwurfs entnehmen lässt, lässt § 7 Abs.4 Musterberufsordnung die ausschließlich telemedizinische Behandlung und Beratung bzw. Behandlung über Kommunikationsmedien in begründeten Einzelfällen zu. Nicht in Frage gestellt werden sollte aus unserer Sicht, dass Patientinnen und Patienten grundsätzlich im persönlichen Kontakt behandelt werden. Für die sich ergebenden Ausnahmefälle stellt § 48 AMG unseres Erachtens eine ausreichende Rechtsgrundlage dar. Denn bereits nach geltendem Recht ist eine Ausnahmeregelung normiert, die diese Fälle zu regeln vermag.

Wir begrüßen ausdrücklich die Nennung der Hersteller bei Rücknahme oder Widerruf der Zulassung eines Medikamentes in § 34 Abs 1e zur Erhöhung der Verantwortlichkeit der pharmazeutischen Industrie.

Zu Art. 8 − Änderungen im BtMG:
Wir begrüßen die geplanten Änderungen hinsichtlich einer Beschleunigung des Einschlusses neuer psychoaktiver Stoffe (NPU) in die Anlage des BtMG. Gerade Jugendliche sind sehr gefährdet, unkritisch neue Stoffe zu konsumieren, zumal dann wenn sie unter dem Etikett der „legal highs“ vermarktet werden.

Ergänzend zu den laut Referentenentwurf geplanten Änderungen im BtMG bitten wir um eine Anpassung des Gesetzes sowie der BtmVV § 2, was die Mitgaberegelungen von unter das BtMG fallenden Medikamenten anbelangt (für das Fach Kinder- und Jugendpsychiatrie und psychotherapie betrifft dies vor allem die ADHS-Medikation). Nach wie vor existieren Konstellationen in denen sich die in der Klinik tätigen Ärztinnen und Ärzte einem Strafbarkeitsrisiko aussetzen, wenn sie für den Patienten notwendige Medikamente während einer tagesklinischen Behandlung aus dem Stationsbestand den Sorgeberechtigten für die Gabe am nächsten Morgen oder über das Wochenende während einer stationären oder teilstationären Behandlung mitgeben möchten. Gleiches gilt für die Entlasssituation am Wochenende oder vor einem Feiertag. Die Strafbewehrung im Konflikt mit dem ethischen Gebot der Sicherstellung der Versorgung von Patienten, deren Familien oft aus prekären Verhältnissen kommen, ist nicht weiter hinnehmbar und erfordert dringend eine gesetzliche Regelung (siehe auch das gemeinsame Positionspapier der Deutschen Krankenhausgesellschaft und der Schmerztherapeutischen Verbände vom 8.6.2018) und die darin vorgeschlagenen Änderungen in § 4 Abs 1 BrMG und § 12 Abs. 3 BtMG sowie die vorgeschlagene Ergänzung von § 13 BtMG). Auch im Rahmen einer stationsäquivalenten Behandlung nach § 115d Abs 2 SGBV ist eine Behandlung mit Betäubungsmitteln im häuslichen Umfeld durch Abgabe der BtM an die Eltern praktisch nicht möglich, wenn das BMG bei der uns mitgeteilten Auslegung des BtmG/ der BtMVV verbleiben würde.

Wegen weiterer Einzelheiten aus Sicht unseres Fachgebietes verweisen wir auf das Schreiben der kinder- und jugendpsychiatrischen Fachgesellschaft und der Fachverbände vom 14.08.2018 sowie das Schreiben der BAG KJPP an den Staatssekretär Stroppe vom 01.12.2017.

Zu Art. 10 – Änderungen im PflBG:
Die vollständige Refinanzierung der Ausbildungsvergütungen im ersten Ausbildungsjahr kann eine sinnvolle Entlastung der Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen darstellen.
Sichergestellt werden sollte, dass das Verhältnis zu den Regelungen für die mit Krankenhäusern verbundenen Ausbildungsstätten gem. §§ 2 Abs.1 a KHG i.V.m. § 17a Abs.1 KHG (Inkrafttreten zum 01.01.2019) klar geregelt ist.

Insgesamt glauben wir, dass vor allem die Schaffung gesunder Arbeitsbedingungen dabei helfen kann und wird, dem Fachkräftemangel in der Pflege entgegen zu wirken, und sehen dahingehend für unser Fachgebiet zuversichtlich den positive Auswirkungen einer Neuregelung der Personalbesetzung in den PPP-Fächern als Nachfolgerin der Psychiatrie-Personalverordnung entgegen, mit welcher der Gemeinsame Bundesausschuss für 2019 beauftragt ist,

Eine Berufsgruppe, die vom Pflegeberufegesetz nicht erfasst ist und immer noch keiner gesetzlichen Regelung zugeführt wurde, ist die Berufsgruppe der Heilerziehungspfleger. Wir sehen die Gefahr, dass wegen der ab dem Jahr 2020 vorgesehenen Vorbehaltsaufgaben in § 4 PflBG der Einsatzbereich dieser Berufsgruppe in der Pflege, insbesondere in der Pflegeplanung gefährdet ist. Das gleiche gilt für die Berufsgruppe der laut Psychiatrie-Personalverordnung als Teil des Pflegerischen Dienstes eingesetzten Erzieherberufe (Erzieher, Jugend- und Heimerzieher). Diese haben in der Praxis unserer Kliniken, in der Regel nach einer durchlaufenen Fachweiterbildung zur Spezialisierung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, auch die Funktionen einer Stationsleitung inne. Hier sehen wir eine sicherlich vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte Diskrepanz zwischen der noch geltenden Psychiatrie-Personalverordnung, dem Operationen- und Prozedurenkodes des DIMDI (OPS) und dem Pflegeberufegesetz zu Lasten der dringend erforderlichen pädagogischen Kompetenz in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. So erfordern sowohl die „Erhebung und Feststellung des individuellen Pflegebedarfs“ sowie die „Organisation, Gestaltung und Steuerung des Pflegeprozesses“ nach § 4 (2) PflBG und § 5 Abs 3 PfölBG im Fachgebiet der Kinder- und Jugendpsychiatrie ebenso pädagogische wie pflegerische Kompetenzen. Wir bitten somit um eine dringend erforderliche Erweiterung des § 4 (2) Pflegeberufegesetz um die o.g. Berufsgruppen hinsichtlich einer Ausnahmeregelung für die Einrichtungen der Kinder- und Jugendpsychiatrie im stationären und teilstationären sowie institutsambulanten Bereich. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die spezifischen Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen durch neue gesetzliche Regelungen vernachlässigt werden.

Stellungnahme herunterladen