25|11|2021

Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Bochum soll geschlossen werden

Mit Entsetzen hat der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP) erfahren, dass die Helios St.Josefs-Hospital GmbH Bochum, plant die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Bochum-Linden zu schließen.

Hier zeigt sich die hässliche Seite der Krankenhausprivatisierung, wenn ein offenbar auf Rendite ausgerichteter privater Krankenhaus-Konzern die Versorgung von psychisch kranken Kindern und Jugendlichen an einem nun „unökonomischen“ Einzelstandort für nicht mehr sinnvoll hält und einen Versorgungsauftrag zurückgeben möchte. Bisher ist die Klinik pflichtversorgend für Notfälle wie schwer magersüchtige, suizidale oder akut psychisch dekompensierte Kinder und Jugendliche und eine bedeutsame, nicht einfach zu ersetzende Anlaufstelle für die Region rund um die Uhr. Sie liegt in einer Region mit nicht gerade wenigen Kindern aus benachteiligten Verhältnissen.

Nachdem bisher über viele Jahre, bevor gewisse Mindestanforderungen an Personalausstattung gegolten haben, es für private Krankenhausträger sehr attraktiv war, psychiatrische Kliniken zu übernehmen und zu betreiben, kehrt sich nun offenbar das Bild um. Kinder- und Jugendpsychiatrien können nicht mehr, weil sie entsprechend ausreichend Personal vorhalten sollen und damit auch entsprechende Lohnkosten refinanzieren müssen, als attraktiv gelten. Dies ist hochgradig skandalös, zeigt es doch, dass ein gesellschaftlicher Auftrag der Versorgung von schwerst erkrankten Kindern und Jugendlichen offenbar keinerlei Stellenwert in solch trägerseitigen Überlegungen hat. Es lässt fragen, ob die Daseinsfürsorge für diese vulnerable Gruppe wirklich privaten Krankenhausträgern überlassen werden kann. 

Die DGKJP setzt sich mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln dafür ein, dass die Versorgung für psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche bundesweit auf einem hohen Niveau gesichert wird – die Corona-Pandemie hat hier den Bedarf sichtbarer gemacht und neue Aufgaben gestellt. Wir haben uns im BMG-Dialog „Weiterentwicklung der Versorgung von psychisch erkrankten Kindern und Jugendlichen“ federführend dafür eingesetzt, neue Versorgungsmodelle zu entwickeln und die Versorgung auch unter erschwerten Bedingungen, wie dem Fachkräftemangel etc., weiter zu entwickeln. Umso mehr erscheint das Vorgehen in Bochum eine Kluft aufzutun, zwischen dem was inhaltlich-fachlich geboten ist, und dem, was Krankenhausträger offenbar in das Zentrum ihres Handelns stellen. Hier zeigt sich, wie die Ökonomisierung der Medizin auf dem Rücken der Schwächsten ausgetragen wird. Es ist eine gesellschaftliche Frage, ob dies in Zukunft akzeptiert werden wird oder ob die Daseinsfürsorge gesamtgesellschaftlich den entsprechenden Stellenwert bekommt. 

Es ist wohlfeil, sich über psychische Probleme auf Grund der Covid-19 Pandemie allenthalben in der Presse zu verlautbaren, es ist zynisch, wenn die Versorgung für die schwerst erkrankten Kinder und Jugendlichen dann heruntergefahren wird. Die DGKJP wird, da sie diesen Vorgang auch als einen Präzedenzfall sieht, wie mit der Versorgung von psychisch erkrankten Kindern und Jugendlichen umgegangen wird, dies auf allen Ebenen der Politik, der Krankenhausträger und der Kostenträger zum Thema machen. Neben der sehr persönlichen Betroffenheit der Mitarbeiter*innen der Klinik sehen wir darin auch einen möglichen Dammbruch für die teil- und vollstationäre Versorgung im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie.

Berlin, 25.11.2021

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