Stärkung der mentalen Ressourcen von Kindern und Jugendlichen: Forschung und Prävention zur Bewältigung psychischer Belastungen
Die aktuellen Ergebnisse der COPSY-Studie (Child Outcomes in PSYchology) des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) zeigen erneut, dass die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen immer noch schlechter ist als vor der Corona-Pandemie: Ein Fünftel hat psychische Belastungen und berichtet von eingeschränkter Lebensqualität.
Die Studie zeigt aber auch: Nicht jedes Kind mit psychischen Belastungen muss behandelt werden. Viele junge Menschen verfügen über persönliche Ressourcen und haben starke Bewältigungsstrategien entwickelt. Diese gilt es zu fördern – gezielt und so früh wie möglich.
„Diese Studienergebnisse kommen zum richtigen Zeitpunkt, denn die Bundesregierung arbeitet aktuell an ihrer Strategie „Mentale Gesundheit für junge Menschen.“, so Prof. Dr. Michael Kölch, Direktor der Klinik für Psychiatrie, Neurologie, Psychosomatik und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter Universitätsmedizin Rostock und aktuell der Präsident der DGKJP. „Für die translationale Forschung zur Verbesserung der mentalen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen, aber auch im Sinne der Prävention und hinsichtlich gemeinsamer Risikofaktoren von körperlicher wie psychischer Gesundheit sind die zwei neuen Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung sehr wichtig“ unterstreicht Kölch. Das 2023 gegründete Deutsche Zentrum für Psychische Gesundheit (DZPG) forscht unter anderem zur Vorbeugung psychischer Erkrankungen und das Deutsche Zentrum für Kinder und Jugendgesundheit (DZKJ) hat die gesundheitliche Entwicklung in jungen Jahren im Blick. „Die anhaltend hohen psychischen Belastungen von Kindern und Jugendlichen unterstreichen deutlich die Notwendigkeit zur Entwicklung neuer Ansätze der Früherkennung und wirksamer niederschwelliger Interventionen. Dabei besteht wissenschaftliche Gewissheit: Die Verbesserung der mentalen Gesundheit im Kindesalter ist eine der stärksten Maßnahmen zur Prävention von psychischen Erkrankungen über die gesamte Lebensspanne“ legt Prof. Dr. Tobias Renner, Direktor der Universitätsklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter am DZPG-Standort Tübingen dar.
Der kommende DGKJP-Kongress vom 22. bis 25. April 2026 in Würzburg steht aus gutem Grund unter dem Motto: „Entwicklungsaufgaben: Kind – Versorgung – Gesellschaft“. Dazu Prof. Dr. Marcel Romanos, Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie Universitätsklinikum Würzburg und Präsident des Kongresses: „Kinder und Jugendliche wachsen in dem heutigen Umfeld multipler globaler Krisen nicht ohne Folgen auf. Die Mental Health Crisis beschreibt, wie junge Menschen psychisch immer stärker unter Druck geraten in einer Gesellschaft, die von alten Menschen gelenkt und definiert wird. Unbeschränkte digitale Medien hebeln den Schutz und gesundes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen aus. Die Inanspruchnahme bringt die Versorgungssysteme an ihre Grenzen. Prävention bleibt in der Breite weitgehend wirkungslos aufgrund mangelnder Evidenzbasierung und struktureller Hindernisse. Wir brauchen neue Versorgungsansätze und müssen uns den wachsenden Anforderungen interdisziplinär stellen. Beim DGKJP Kongress 2026 in Würzburg diskutieren wir, wohin wir uns dafür strukturell und konzeptuell bewegen müssen. Der Kongress bietet ein breites Forum für Diskussionen auf der Basis der neuesten Erkenntnisse und Ansätze aller beteiligten Disziplinen.“
Grundlage für jede Forschung sind verlässliche Daten, weiß Prof. Dr. Ulrike Ravens-Sieberer, Leiterin der COPSY-Studie und Leiterin der Forschungssektion Child Public Health der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE). „Die COPSY-Studie ist das einzige derzeit bestehende langfristige Gesundheitsmonitoring zur psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Sie liefert verlässliche, langfristige Einblicke in die seelische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen und macht sichtbar, was sie belastet und was sie stärkt. Die Befragungen von über 3300 Familien in den vergangenen fünf Jahren liefern die wissenschaftliche Grundlage, um Prävention und Unterstützung von Kindern und Jugendlichen gezielt zu verbessern.“
Hier kommt der Pilotstudie des Robert Koch-Instituts (RKI) „PINOKIJO“ zur Konzeptentwicklung für ein bundesweites Monitoring der Kinder- und Jugendgesundheit in einer Panel-Kohorte eine besondere Bedeutung zu. Die letzten vorliegenden Ergebnisse der KiGGS – Kinder- und Jugendgesundheitsstudie sowie deren Zusatz BELLA (Befragung zum seeLischen WohLbefinden und VerhAlten) basieren auf Daten von 2017, also noch deutlich vor der Pandemie.
„Hier müssen alle Beteiligten, das RKI, das Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG), aber auch das DZPG und DZKJ Synergien bündeln, damit eine moderne, innovative Gesundheitsberichtserstattung auch für Kinder- und Jugendliche in Deutschland in der Zukunft gesichert ist und wir Prävention und Versorgung besser steuern können“, fasst Kölch zusammen.